Seit Januar 2023 gelten in der Schweiz neue Anti-Geldwäscherei-Vorgaben: das revidierte Geldwäschereigesetz, die angepasste Geldwäscherei-Verordnung (GwV) und die GwV-FINMA. Die Banken haben die regulatorischen Vorgaben teilweise mit grossem Aufwand umgesetzt. Banken ändern aber nicht nur deshalb ihre Anti-Geldwäscherei-Prozesse. Die Reduzierung der Kosten gehört zu den wichtigsten Zielen. Dabei stützen sich immer mehr auf Künstliche Intelligenz.
07.03.2022
Was den Kampf gegen Geldwäscherei in der Schweiz so schwierig macht
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Überblick
- Geldwäscherei-Verdachtsmeldungen steigen: Ein Problem für Banken und die MROS
- FATF-Länderprüfung zur Prävention von Geldwäscherei in der Schweiz
- 5 Empfehlungen, wie Finanzdienstleister in ihrer Geldwäscherei-Prävention besser werden
- KPMG-Studie prognostiziert mehr Nachfrage nach RegTech Lösungen
- Retailbank spart mit Machine Learning rund 40 Prozent der False Positives
- Fazit
Revision des Geldwäscherei-Gesetzes und weiterer Verordnungen in der Schweiz
In der Schweiz sind in den letzten Jahren mehrere regulatorische Änderungen zur Bekämpfung von Geldwäscherei angelaufen. Sie sollen das Abwehrdispositiv der Schweiz stärken:
- Die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg) hat reviderte Standesregeln zur Sorgfaltspflicht der Banken (VSB 20). Seit Januar 2020 sind sie in Kraft.
- Im Oktober 2022 hat die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (FINMA) die teilrevidierte Geldwäschereiverordnung-FINMA zur Bekämpfung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung im Finanzsektor (GwV-FINMA) verkündet. Sie trat im Januar 2023 in Kraft.
- Im März 2021 hatte das Eidgenössische Parlament die Änderung des Geldwäschereigesetzes GwG verabschiedet. In seiner Sitzung vom 31. August 2022 hat der Bundesrat nun das revidierte Geldwäschereigesetz (GwG) für die Schweiz sowie die angepasste Geldwäschereiverordnung (GwV) per 1. Januar 2023 in Kraft gesetzt.
Die Änderungen liegen im Wesentlichen bei diesen Punkten:
- Verifizierung der Angaben zum wirtschaftlich Berechtigten (Beneficial Owner)
- Aktualität der Kundendaten und Geldwäschereiverdachtsmeldungen (Know Your Customer)
- Transparenz von Vereinen mit erhöhtem Risiko im Bereich der Terrorismusfinanzierung
- Verstärkung der Aufsicht und Kontrollen im Bereich der Edelmetalle
Mehr Verdachtsmeldungen wegen Geldwäscherei in der Schweiz: Ein Problem für Banken und die MROS
Nicht nur Banken, auch die Geldwäscherei-Meldestelle MROS (Money Laundering Reporting Office Switzerland) ist gefordert. Der Berg an Verdachtsmeldungen wegen Geldwäscherei in der Schweiz wächst Jahr für Jahr. Im Mai 2022 hat MROS den aktuellsten Jahresbericht herausgegeben. Danach sind für das Jahr 2021 fast 6.000 Verdachtsmeldungen eingegangen.
Dies entspricht einem Zuwachs von 12 Prozent gegenüber 2020. Mit der Einführung von goAML wurde die Zählweise der Verdachtsfälle angepasst. Die Schätzung ist, dass die 5.964 Meldungen im Jahr 2021 einer Anzahl von 10.735 Geschäftsbeziehungen entsprechen.
FATF-Länderprüfung zur Prävention von Geldwäscherei in der Schweiz
Ein anderer Stressfaktor bei der Geldwäscherei-Prävention ist die Länderprüfung durch die FATF. Sie hat im Januar 2020 den dritten Follow-Up Bericht herausgegeben, der die Fortschritte seit der letzten Länderprüfung der Schweiz im Jahr 2016 betrachtet. In ihrem Bericht bestätigt die FATF die Einhaltung von 8 der 40 Empfehlungen als compliant (C). Bei 27 Empfehlungen ist die Schweiz „zum grossen Teil compliant (largely compliant (LC)“. Bei 5 Empfehlungen lautet die Beurteilung „teilweise compliant (partially compliant (PC).“
Basel AML Index klassifiziert globale Geldwäscherei-Risiken
Die öffentliche Ausgabe des Basler AML-Index listet die Länder auf, die über ausreichende Daten verfügen, um eine zuverlässige Risikobewertung zu berechnen.
Von 128 Ländern stellen sich die DACH-Länder so dar:
Banken haben bei der Anti-Geldwäscherei in der Schweiz den grössten Hebel
Laut dem Jahresbericht der MROS 2021 kommen 90 Prozent der Geldwäscherei-Meldungen aus der Finanzbranche. Andere Unternehmen wie Zahlungsverkehrsdienstleister, Kreditkartenanbieter oder Vermögensverwalter fallen laut Statistik prozentual kaum ins Gewicht. Diese Verteilung ist schon seit Jahren ähnlich gelagert.
5 Empfehlungen, wie Finanzdienstleister in ihrer Geldwäscherei-Prävention besser werden
Diese Punkte sind hilfreiche Tipps für die Anti-Geldwäscherei:
- Verbesserung der KYC-Profile durch detailliertere Informationen zum Kunden bzw. zum wirtschaftlich Berechtigten, Überprüfung der Risikoklasse, Herkunft der Vermögenswerte, erwartete Zu- und Abflüsse, prognostizierte Transaktionen pro Zeiteinheit
- Anzeige von Personen und Entitäten, die aktuell, aufgrund von aktualisierten Sanktions-, PEP- und Embargo-Listen, im Fokus stehen
- Integration von Machine-Learning-Verfahren, z. B. beim Abgleich von Daten mit Sanktionslisten und bei der Embargoüberwachung im Zahlungsverkehr
- Nutzen von Machine-Learning-Erkenntnissen zur Reduzierung der False Positive Rate, Verifizierung von Abklärungen aus der Vergangenheit, Kostenreduzierung durch weniger Abklärungsaufwand
- Durchführen von Effizienz- und Effektivitätstests in der Zahlungsüberwachung
KPMG-Studie prognostiziert mehr Nachfrage nach RegTech Lösungen
Eine Veröffentlichung des schweizerischen Nachrichtenportals Finews vom 17.2.2023 bezieht sich auf die neueste Studie Pulse of Fintech der Beratungsgesellschaft KPMG. Nach dieser Studie ist das komplexe regulatorische Umfeld für Finanzdienstleistungen und die Konzentration auf Rentabilität und Kostensenkung ein Treiber von Investitionen in Regtech-Lösungen. Es wird erwartet, dass Unternehmen auf Technologien setzen, um ihre Compliance-Aktivitäten zu rationalisieren und zu verbessern. Dazu gehören KI-gestützte Fintech-Lösungen, insbesondere in der Datenanalyse, Risikobewertung in Echtzeit und Kundenbindung.
Retailbank spart mit Machine Learning rund 40 Prozent der False Positives in der Erkennung von Geldwäscherei
Ein Proof of Concept von ACTICO mit einer Retailbank hat gezeigt, dass KI in der Geldwäscherei-Erkennung großes Potenzial hat, die False-Positive-Rate zu senken. Mit knapp 12.000 in der Vergangenheit abgeklärten Geldwäscherei-Auffälligkeiten der Bank konnte ein Machine-Learning-Modell trainiert werden, das vorhersagt, ob eine Auffälligkeit einer näheren Untersuchung bedarf. Das Modell lernt aus den zu den Auffälligkeiten gehörenden Transaktions- und Kundendaten sowie der Information, ob zur Abklärung der Auffälligkeit in der Vergangenheit eine vertiefte Untersuchung notwendig gewesen war. Auf einem Validierungsdatensatz wurde gezeigt, dass sich rund 40 Prozent der False Positives einsparen lassen, ohne eine Verdachtsmeldung, die der Finanzaufsicht zu melden wäre, zu verpassen. Mehr dazu im Whitepaper „Anti-Geldwäsche mit künstlicher Intelligenz“.
Fazit
Die Änderung von Geldwäscherei-Gesetzen stürzen Banken oft in einen umfangreichen Anpassungsprozess. Der ist nicht so einfach zu bewältigen, weil Personalressourcen knapp sind. Dazu kommt, dass Banken besonders in Bereichen, die keinen Ertrag erwirtschaften, sehr kostenbewusst sind. Die Konsequenz ist, dass Banken ihre Prozesse immer genauer unter die Lupe nehmen. Machine Learning, eine Komponente der Künstlichen Intelligenz bietet enorme Potenziale für Kostensenkungen. Die Reduzierung von False Positives mit Machine Learning steht weit vorne auf der Prioritätenliste und hat in der Praxis schon überzeugende Ergebnisse gebracht.
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