21.03.2022

Mehr Digitalisierung im Zweitschriftenverfahren bei Banken durch turbulente Aktienmärkte

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Die Zahl der Zweitschriften in Compliance steigt rasant durch die Turbulenzen am Aktienmarkt in den vergangenen zwei Jahren. In der Corona-Krise 2020 hat sich die Zahl der Aktionärinnen und Aktionäre in Deutschland innerhalb eines Jahres um mehr als 25 Prozent erhöht. Auch Mitarbeitende von Banken engagieren sich mehr im Aktienhandel, aber traden oft nicht über ihren Arbeitgeber sondern über Drittbanken.

Laut Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) müssen Arbeitgeber über Mitarbeitergeschäfte informiert sein. Ein gängiges Verfahren ist das Zweitschriftverfahren, bei dem die depotführende Bank durch den Zweitschriftenversand eine Kopie des Wertpapiergeschäfts an die Arbeitgeberbank sendet. Was bisher als manueller Prozess gut funktioniert hat, entpuppt sich in Zeiten des turbulenten Aktienmarktes aber als Show-Stopper.

Wie Corona den Aktienmarkt umkrempelt

Angesichts von Null- und Negativzinsen gab es in den letzten Jahren kaum attraktive Anlageprodukte. Der Kursverfall zu Beginn der Corona-Krise war für viele Privatanleger der Startschuss, in den Aktienmarkt einzusteigen.

Reisebeschränkungen, geschlossene Clubs sowie der Lockdown, der nicht einmal einen Einkaufsbummel zuließ, trugen ebenfalls zu der Entwicklung bei. Weil mehr Geld auf dem Konto verblieb, schnellte die Sparquote in Deutschland in 2020 auf mehr als 16 Prozent hoch. Zum Vergleich: knapp 11 Prozent waren es im Jahr 2019. Zum anderen hatten die Menschen mehr Zeit, sich mit dem Aktienmarkt zu befassen. Einer Analyse des Deutschen Aktieninstituts (DAI) zufolge wuchs 2020 die Zahl der Privatanleger mit Aktiendepots um 900.000, die mit Fonds und ETFs sogar um 2,2 Millionen.

Quelle: Tagesschau

Banken erwarten für 2022 steigende Anlegerzahlen

Banken erwarten für 2022 eine weiter steigende Nachfrage nach Aktienprodukten. Das zeigt eine Umfrage von Finanz Business. Zwar beobachtet das Deutsche Aktieninstitut DAI leicht rückläufige Zahlen. „Dass unter dem Strich letztlich ein kleines Minus von gut 280.000 Anlegern steht, muss vor dem Hintergrund insgesamt guter Zahlen nicht beunruhigen“, bilanziert das Institut.

Quelle: Deutsches Aktieninstitut

Was bedeutet der Aktienboom für Banken in ihrer Rolle als Arbeitgeber?

Das Wertpapierhandels-Gesetz (WpHG), verpflichtet Finanzinstitute dazu, Transaktionen von Mitarbeitenden zu überwachen, um Marktmissbrauch und Insidergeschäfte zu unterbinden. Wenn Mitarbeitende ihre Wertpapiergeschäfte über externe Depots, z.B. bei Neobrokern ausführen, müssen ihre Arbeitgeber informiert sein.

Was ist das Zweitschriftverfahren?

Das Zweitschriftverfahren ist ein Prozess, der die Informationspflicht von Arbeitgeber-Banken unterstützt. Es stellt sicher, dass Banken, die Wertpapiergeschäfte ausführen, dem jeweiligen Arbeitgeber die Wertpapiertransaktionen seiner Mitarbeitenden melden. Das Institut bei dem das Depot geführt wird, sendet die Informationen in Form einer Kopie der Abrechnungen an die Compliance-Abteilung des Arbeitgebers. Diese Compliance Mitarbeiter integrieren diese Informationen in die technischen Infrastrukturen und Compliance-Software, prüfen und archivieren die Dokumente.

Manueller Aufwand in der Zweitschriften-Erfassung zwingt Compliance in die Knie

Lange Zeit war die Zweitschriften-Erfassung eine Aufgabe, der keine wesentliche Aufmerksamkeit gewidmet wurde. Doch in 2020 legte der Zweitschriftenversand schlagartig zu und ist bis heute auf diesem Niveau geblieben. Die manuelle Erfassung der Zweitschriften blockierte plötzlich wichtige Ressourcen und verursachte Kosten, die deutlich über der Planung lagen. So berichtet ein Finanzinstitut von einer Verdoppelung seiner Zweitschriften im Vergleich zum Vorjahr.

 

Quelle: ACTICO

Digitalisierung der Erfassung des Zweitschriftenversands als logische Konsequenz

Der Druck, die Zweitschriftenerfassung effizienter zu gestalten, um die steigenden Kosten aus höheren Fallzahlen kompensieren zu können, steigt. Das größte Problem dabei: Für den Zweitschriftenversand existiert bislang weder ein einheitlicher Prozess noch ein einheitliches Format. Die Meldungen gehen per PDF oder als Brief ein, und müssen mühsam erfasst werden. Abgesehen vom hohen Zeitbedarf existiert ein hohes Fehlerrisiko. Der schnellste Weg aus dieser Kostenfalle führt über eine digitale Lösung, die eine weitgehende Automatisierung der Prozesse in der Erfassung des Zweitschriftenversands ermöglicht.

5 Schritte für die Digitalisierung von Compliance-Zweitschriften

  1. Digitalisierung der Zweitschriften: Ein Scan der Papiermeldungen oder die Ablage der per E-Mail eingegangenen PDFs.
  2. Erfassen der Inhalte per OCR (optische Zeichenerkennung). Ideal ist es, wenn Vorlagen der wichtigsten Zweitschriftenformulare inkludiert sind; diese tragen dazu bei, dass die Fehlerquote bei OCR und Datenmapping minimiert werden.
  3. Erkennen von falschen oder fehlenden Einträgen durch automatisierte Prüfroutinen. Möglichst wenige Vorgänge sollen manuell bearbeitet werden.
  4. Plausibilitätskontrolle bestanden? Dann erfolgt die automatisierte Weiterverarbeitung des Vorgangs.
  5. Prüfen auf Marktmanipulation oder Insiderhandel: Wie beim Monitoring von Kundenaufträgen und der eigenen Händler können auch Drittbanken-Transaktionen mit Hilfe von Regelwerken überprüft werden, um Verstöße gegen interne Richtlinien oder möglichen Insiderhandel oder Marktmanipulation zu erkennen.

Digitale Zweitschriften-Erfassung: Bis zu 90% Automatisierungsquote

Automatisches Scanning, Datenmapping und Plausibilitätskontrolle drücken den manuellen Aufwand der Erfassung des Zweitschriftenversands auf rund 10%. Das zumindest ergeben Zahlen aus Pilotprojekten mit Finanzinstituten, die gemessen haben, wieviel Zeit sie für die manuelle beziehungsweise digitalisierte Arbeitsweise benötigen. Hinzu kommen Einsparungen aus der Automatisierung der nachfolgenden Prüfprozesse auf Insiderhandel oder Marktmanipulation.

Compliance gegen Insider-Handel: Zweitschriften-Erfassung

Fazit

Ein im Vergleich zum operativen Geschäft eher geringfügiger Prozess wie die Zweitschriften-Erfassung kann durch äußere Umstände so viel Gewicht bekommen, dass eine strategische Reaktion nötig wird. Das haben die neuen Turbulenzen am Aktienmarkt deutlich gezeigt. Wenn Zweitschriften plötzlich zahlenmäßig zulegen, wichtige Compliance-Ressourcen blockieren und enorme Kosten verursachen, dann ist der Moment gekommen, an dem es sich lohnt, in die Digitalisierung des Zweitschriftverfahrens einzusteigen. Gerade weil Banken auch für 2022 erwarten, dass der Aktienhandel vor allem von Privatanlegern auf einem hohen Niveau bleibt, ist damit zu rechnen, dass sich auch Mitarbeitende von Banken aktiv am Wertpapierhandel beteiligen. Wenn sie ihre Finanzmarktinstrumente über Drittbanken oder Neobroker abwickeln, sind ihre Arbeitgeber gefordert, das Zweitschriftenmanagement professionell zu organisieren.

ePaper: Digitalisierte Zweitschriften-Erfassung

ePaper: Digitalisierung der Zweitschriften-Erfassung im Wertpapierhandel

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